- Norddeutscher Bund
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Norddeutscher BundAls Ergebnis des Deutschen Krieges entstand nördlich der Mainlinie mit dem Norddeutschen Bund ein Bundesstaat aus den 22 noch selbstständig gebliebenen Mittel- und Kleinstaaten sowie den Freien Städten Hamburg, Bremen und Lübeck. Im Gegensatz zu der schonenden Behandlung, die Österreich im Prager Frieden zuteil wurde, ging Bismarck gegenüber den Verbündeten Österreichs in Norddeutschland mit aller Schärfe vor. Hannover, Kurhessen, Nassau und Frankfurt am Main wurden annektiert, lediglich Sachsen blieb unangetastet, weil sowohl Frankreich wie Österreich darauf bestanden hatten. Erstmalig war damit zwischen Maas und Memel ein geschlossenes preußisches Staatsgebiet entstanden.Der Norddeutsche Bund stellte im Prozess der deutschen Einigung eine Zwischenstufe dar, die von den europäischen Mächten, und insbesondere von Frankreich, gerade noch hingenommen wurde. Das Bundesgebiet umfasste eine Fläche von rund 415 000 km2 mit 30 Mill. Einwohnern. Die Hegemonie Preußens war eindeutig. Der König von Preußen wurde erblicher Präsident des Bundes. Ihm zur Seite stand der Bundesrat, bestehend aus den Vertretern der einzelnen Bundesstaaten, in dem der vom Präsidenten des Bundes ernannte Kanzler den Vorsitz einnahm. Kanzler wurde der preußische Ministerpräsident Bismarck. Der Bundesrat war das eigentliche Regierungsorgan des Bundes, von den 43 Mitgliedern hatte Preußen zwar mit 17 Delegierten den Vorrang, besaß aber nicht die Mehrheit.An der Gesetzgebung war neben dem Bundesrat der aus allgemeinen, gleichen und direkten Wahlen hervorgegangene Reichstag beteiligt. Mit der Verwirklichung dieses alten und vordringlichsten Zieles der liberalen Bewegung, der aus freien Wahlen hervorgegangenen Volksvertretung, gewann Bismarck viele der Liberalen, die bisher zu ihm in scharfer Opposition gestanden hatten. Fast gleichzeitig konnte er den seit 1862 bestehenden Konflikt mit dem preußischen Abgeordnetenhaus (preußischer Verfassungskonflikt) um die Bewilligung des Staatshaushalts bereinigen. Mit der von ihm eingebrachten Indemnitätsvorlage gestand er den Bruch der Verfassung seit 1862 ein und erreichte die nachträgliche Billigung der Staatshaushalte durch das Parlament.Nach langen Verhandlungen und teilweise heftigen Auseinandersetzungen wurde am 17. April 1867 mit überwältigender Mehrheit die Verfassung des Norddeutschen Bundes angenommen; am 1. Juli 1867 trat sie in Kraft. Mit den föderalistischen (Bundesrat) und liberalen Elementen (Reichstag, freie, allgemeine Wahlen) suchte Bismarck sowohl die süddeutschen Fürsten zum Beitritt zu reizen als auch die öffentliche Meinung in Deutschland für seinen Weg der deutschen »Einigung von oben« zu gewinnen.Die Napoleon III. gegebene Zusage, mit den Einigungsbestrebungen an der Mainlinie Halt zu machen, hintertrieb Bismarck durch die mit den süddeutschen Staaten geschlossenen geheimen Schutz- und Trutzbündnisse, die im Falle einer militärischen Auseinandersetzung mit Frankreich die süddeutschen Truppen unter das Kommando des preußischen Königs stellten. Wirtschaftlich zusammengehalten wurde Deutschland durch eine Reform des Deutschen Zollvereins und durch das Zollparlament.Nọrddeutscher Bund,nach dem Deutschen Krieg von 1866 anstelle des Deutschen Bundes unter Ausschaltung Österreichs durch O. von Bismarck geschaffener deutscher Bundesstaat, bestehend aus Preußen und 17 norddeutschen Kleinstaaten, die den Krieg an seiner Seite geführt hatten. Am 18. 8. 1866 wurde das grundlegende Bündnis geschlossen, dem nach dem Friedensvertrag das Großherzogtum Hessen (für die Gebiete nördlich des Mains), das Königreich Sachsen sowie das Fürstentum Reuß ältere Linie und das Herzogtum Sachsen-Meiningen beitraten. Die zwischen den Regierungen und einem verfassunggebenden Norddeutschen Reichstag vereinbarte, am 17. 4. 1867 verkündete Verfassung trat am 1. 7. 1867 in Kraft. - Der Norddeutsche Bund war als Provisorium gedacht, da der französische Widerstand 1866 den Weg zu einer formell-nationalstaatlichen Lösung der deutschen Frage versperrte. Die liberalen und föderalistischen Elemente des Norddeutschen Bundes waren ein Entgegenkommen an die süddeutschen Staaten, seine Tendenz zur Absicherung der preußischen Hegemonie Ausdruck der Reichsgründung »von oben«. Zu Beginn des Deutsch-Französischen Krieges 1870/71 schlossen sich die süddeutschen Staaten dem Norddeutschen Bund an, der durch Reichstagsbeschluss vom 10. 12. 1870 den Namen Deutsches Reich annahm.T. Nipperdey: Dt. Gesch. 1866-1918, 2 Bde. (31994-95);M. Stürmer: Das ruhelose Reich. Dtl. 1866-1918 (Neuausg. 1994).Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:Deutschland: Die deutsche Einigung im 19. Jahrhundert
Universal-Lexikon. 2012.